Am 14. März 1862, sieben Jahre nach der in den Folgen des Jahres 1855 beschlossenen Gründung des Eidgenössischen Polytechnikums, schlossen sich die Schüler des Eidgenössischen Polytechnikums zu einer Kampforganisation zusammen. Der «Polytechnische Verein zu Zürich» wollte bestehenden Missständen an der Schule zu Leibe rücken.
In der Frühzeit des Polytechnikums herrschte ein repressives Klima: 1862/63 wurde beinahe ein Viertel der Schülerschaft disziplinarisch gemassregelt. Im Jahre 1864 kam es zum Umzug ins heutige Hauptgebäude, und einer weiteren Verschlechterung der Situation der Studierenden: Auf kleinem Raum wurde die Überwachung noch einfacher, und der Gegensatz zu den Studierenden der UZH, die viel grössere Freiheiten genossen, besser sichtbar. Schliesslich kam es zu Sachbeschädigungen am neuen Hauptgebäude, entsprechenden Gegenreaktionen der Schulleitung und wiederum weiteren Sachbeschädigungen. Die Situation schaukelte sich hoch; nachdem im Gang Schüler vom Direktor vermeintlich spontan von der Schule ausgeschlossen wurden, wurde von der Schülerschaft die Absetzung des Direktors gefordert. Den Machtkampf scheinen die Studierenden jedoch verloren zu haben; die Rädelsführer mussten die Schule verlassen, gefolgt von 233 anderen, die aus Protest ebenso ihren Austritt bekannt gaben.
Das Aufbäumen hat gewaltig an den Kräften des Vereins gezehrt. Der Protokollführer vom 5. August 1864 vermerkte, dass «(…) die Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass fast alle Mitglieder des Polytechnischen Vereins Zürich verlassen müssen»: Über 70% der Mitglieder waren Deutsche, die nach dem Austritt aus der Schule wieder die Schweiz verlassen mussten. Eine Wiederbelebung mit neuen Mitgliedern scheiterte. Schliesslich wurde der Verein am 15. Februar 1867 aufgelöst; von den 7 verbliebenen Mitgliedern erschienen 5. Die Hinterlassenschaften des Vereins wurden verteilt.
Am 14. März 1878 gründete sich der Verein neu. Die Studierenden fühlten sich nach wie vor zu strikt bevormundet; insbesondere weil die Studierenden der Universität Zürich mehr Freiheiten genossen. Die Zusammenarbeit mit der Schulleitung gelang nun besser; eine Reglementsänderung wurde erwirkt, die einige der Missstände verbesserte. Der Verein durfe auch Vertretungen an den Schulrat senden. Für verdiente Professuren zeigte sich der Verein dankbar, indem Fackelzüge in deren Ehre organisiert wurde.
1908 wurde die ETH umstrukturiert. Neu konnte sie Doktortitel verleihen, und Stundenpläne durfen etwas freier gestaltet werden: Die Schüler sollten zu Studierenden werden. Die Polytechniker wurden aber bei der Umstrukturierung nicht mit einbezogen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch wenn die Änderungen grundsätzlich befürwortet wurden: Es wurde eine stärkere Gleichstellung der Schüler des Polytechnikums mit den Studierenden der Universität gefordert. Das schulisch-disziplinarische sollte durch eine vermehrt akademische Einstellung ersetzt werden. Mit den Forderungen standen die Polytechniker jedoch isoliert da, und auch wohlgesonnene Professuren rieten dem Verein, die Sache ruhen zu lassen. Der Verein gab nach.
Aus dem Eidgenössischen Polytechnikum wurde die ETH Zürich, aus Schüler wurden Studierenden, aus dem Verein der Polytechniker wurde der Verband der Studierenden (VSETH).
Der VSETH zeigte in den kommenden Jahren eine starke Nähe zu Professoren und Rektorat. Projekte wurden von Professuren angeregt und vom VSETH ausgeführt; Eigeninitativen entstanden weniger. Dennoch folgte keine ruhige Zeit: Mit der Mobilmachung vom 1. August 1914 wurden grosse Lücken in die Studierendenschaft gerissen. Durch den Aktivdienst und innere Quelereien – so trat der AIV 1915 aus dem Verband aus und erst ein Schiedsgericht aus ETH Professuren vermochte die Differenzen so zu klären, dass der AIV 1916 wieder eintrat – war der VSETH während dem Krieg geschwächt. Er konnte auch nicht erreichen, dass dem Dienstverweigerer Max Kleiber, der auf Beschluss des Rektors von der ETH ausgeschlossen wurde, wenigstens ein Schlusszeugnis ausgestellt wurde.
Nach dem Krieg wollte der VSETH die Wohnungsnot der Studierenden etwas lindern. Das Ansinnen wandelte sich aber, der schlussendlich abgestimmte Antrag über den Erwerb eines Klubhauses wurde mit nur 49 Ja zu 192 Nein Stimmen versenkt. Andere Initiativen waren erfolgreicher, wie die 1921 gegründete Kinokommission, die bis heute als Filmstelle weiterbesteht. Der VSETH ermöglichte zudem eine günstige Krankenversicherung für seine Mitglieder und gründete eine Zentralstelle zur Zimmervermittlung. 1928 wurden eine Mensa mit Heimbetrieb eröffnet, bezahlt mit den Gewinnen des Polyballs 1927 und einem Grossteil des Vereinsvermögens. Die Mensa war sehr beliebt und offerierte bereits 1932/33 950 Mahlzeiten am Mittag.
Der VSETH grenzte sich gegen extreme Strömungen gezielt ab; so gegen marxistische Vorträge in der Mensa, als auch gegen den Redakteur des «Zürcher Studenten», der den deutschen Nationalsozialisten nahe stand. Die Vorträge fanden künftig nicht mehr statt, der Redakteur wurde auf Druck des VSETH und des Studierendenverbands UZH durch den ersten ETH-Absolventen in dieser Position, M.E. Eisenring, ersetzt.
Mit dem Beginn des 2. Weltkrieges änderte sich der Studierendenbetrieb wiederum grundlegend. Nach der zweiten Mobilmachung vom Mai 1940 waren sämtliche Mitglieder in den Aktivdienst eingezogen. Der VSETH versuchte weiter, seine politisch neutrale Position zu wahren, so wurde insbesondere eine Stellungnahme zur Situation ungarischer Juden vom Delegiertenkonvent abgelehnt.
In der Nachkriegszeit ging wieder die Wohnungsnot um. Diese versuchte man auf kreative Art zu lindern; zuerst mit Anzeigen in Zeitungen, dann auch mit dekorierten Wagen, die durch die Innenstadt gefahren wurden. Anfang 1946 entstand dann die Idee, ein Erholungsheim anzuschaffen. Schliesslich öffnete am 17. Juli 1949 das Berghaus in Klosters-Selfranga, ein Lagerhaus für die Mitglieder des VSETH. Bereits 1959 wurde ein Umbau für eine Viertelmillion Franken durchgeführt, um das spartanisch eingerichtete Berghaus an die rasant gestiegenen Lebensstandards der Studierenden anzupassen. Die Kritik an den Kosten wurde lauter, schliesslich wurde das Berghaus in einen eigenen Verein ausgelagert. Das Haus wurde schliesslich 1972 verkauft, der Restbetrag wurde 1981 in das neu erworbene StuZ an der Leonhardstrasse investiert.
Der Kalte Krieg ging nicht spurlos am VSETH vorbei. Nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes 1956 war der VSETH geschockt: Er sagte den Polyball nur zwei Wochen vorher ab, und sammelte stattdessen Geld, um ungarische Studierende in der Schweiz unterbringen zu können. Aus den ursprünglich geplanten 20 Studierenden wurden 320, davon 120 an der ETH immatrikuliert. Auch die Jahre danach wurden weitere Solidaritätsaktionen zugunsten von Flüchtlingen durchgeführt.
Mit den 1968er Jahren wandelte sich auch der VSETH. Die Studierenden waren gesellschaftlichen Veränderungen ausgesetzt; auch in Zürich fanden Jugend- und Studierendenproteste statt. Die Hochschulen kletterten in der politischen Agenda nach oben, und wurden zum Profilierungs- und Innovationsfeld.
Im Zuge der Erwerbung der École Polytechnique Universitaire de Lausanne durch den Bund wurde ein neues ETH-Gesetz erarbeitet; die Organisation sollte reformiert, und die Geisteswissenschaften aufgewertet werden. Das Parlament passierte das neue Gesetz, dass als administrative Änderung aufgefasst wurde, ohne Gegenstimmen. Die Studierenden waren aber mit den Neuerungen nicht einverstanden, insbesondere dass ihnen kein Mitbestimmungsrecht an der ETH gewährt wurde, und ergriffen am 2. Dezember 1968 das Referendum. Der Abstimmungskampf wurde «mit eigenem Witz, mit viel Ideen und wenig Geld» (Schweizer Fernsehen) geführt und das neue Gesetz wurde zugunsten des VSETH an der Urne abgelehnt.
Nach der Ablehnung des Gesetzes wurde eine fünfjährige Übergangsregelung eingeführt, währenddessen eine Reformkommission (Teilnehmer: Professuren, Assistierende, Studierende und Personal) Ideen für ein konsensfähiges ETH-Gesetz ausarbeiten sollte. Diese schien aber auch zehn Jahre später – nach der Verlängerung der Übergangsregelung und Umstrukturierungen innerhalb der ETH bedingt durch knapper werdende Finanzmittel – kaum Einfluss zu besitzen.
Das ETH-Gesetz Referendum schien den VSETH auch intern politisiert zu haben. So musste 1971/72 der VSETH-Präsident die Hochschule verlassen, nachdem er bei einer Einführung für angehende Studierende die ETH scharf angegriffen hat («(…) soll aus dir ein anspassungsfähiger Fachidiot geschaffen werden.»). 1972 entstand der SOSETH (Studentische Organisation zur Selbsthilfe), der dem VSETH vorwarf, seine Gelder zu politischen Zwecken zu missbrauchen. Die ETH war gemäss Übergangslösung weiterhin dazu verpflichtet, die Meinung aller Stände (so auch des Standes der Studierenden) einzubeziehen, musste sich aber fragen, ob der VSETH dieser Rolle gerecht wurde. Die Beziehung zur Schulleitung wurde frostig, so boykottierte der VSETH die Festlichkeiten zu 125 Jahren ETH. Die ETH musste sich zudem immer mehr externer Kritik aussetzen: Ein Bericht im Juli 1985 schätze die Organisationsstruktur und die Qualität der Lehre zunehmend als mangelhaft ein. Reformen der Schulleitung werden angekündigt, der VSETH beklagt aber zusammen mit der Vereinigung der Assistierenden (AVETH) und der Gewerkschaft der Angestellten (VPOD) eine «Hochschule als Industriebetrieb». 1991 wird ein neues ETH-Gesetz verabschiedet, ein Referendum des VSETH scheitert aber bereits an der benötigen Unterschriftenanzahl.
In der Zwischenzeit wuchs der VSETH weiter, die Arbeitslast besonders auf den Vorstand nahm zu. Die Dienstleistungen wurden ausgebaut, so wurde das Studentische Zentrum (StuZ) 1981 eröffnet, und immer mehr Kommissionen nahmen ihre Arbeit auf. Die Nachfolgesuche für den Vorstand wurde immer schwieriger, im Winter 1984/85 musste das Präsidium gar vakant bleiben. Zur Entlastung des Vorstandes wurde das Verbandssekretariat gegründet und klar getrennte Ressorts eingeführt. Die vom Mitglied der GPK Albert J. Gubler ausgearbeitete Reorganisation wurde am 27. November 1986 verabschiedet. Im Sommer 1987 war das Projekt abgeschlossen, bis heute sind die Strukturen im Verband ähnlich geblieben.
1992 steigt der VSETH aus der gemeinsam mit dem Verband der Studierenden der UZH herausgegebenen Zeitschrift «Züricher Student/in» (ZS) aus. Die ZS habe ein «linkes Image» und erreiche zu wenige Studierende. Es wird das Polykum gegründet, dass den Studierenden direkt nach Hause zugestellt wird. Die Herausgabe erwies sich als aufwendig und finanziell anspruchsvoll. 1998 notiert der VSETH Präsident: «Es ist seit Jahren die selbe alte Leier. Niemand mag das «Polykum», und keiner versteht, weshalb man einer unattraktiven Zeitung jedes Jahr 70’000 Franken in den Rachen werfen soll.». Das Polykum war aber gegenüber vielen Ehemaligen und der Schulleitung ein Prestigeprojekt, das auf viel Respekt und guten Willen stiess. Um die Zeitschrift attraktiver zu machen, wird sie seit 2004 als thematisches Magazin herausgegeben, und in besserer Qualität gedruckt.
1998 tritt der VSETH aus dem Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) aus. Nach einer nächtlichen Diskussion (streckenweise «eher eine Redeschlacht als eine vernünftige Diskussion», bedauert der VSETH Präsident) wird die sehr knappe Entscheidung gefasst. Der VSETH fühlte sich als gewichtiger Geldgeber ohne nennenswerten Einfluss, bemängelte die Strukturen im VSS als träge und ineffizient, sowie die gefassten Positionen als linkslastig. Am 15. Dezember 2002 wurde der Verein Schweizerischer Hochschulstudierendenschaften (VSH) zusammen mit der AGEPoly der ETH Lausanne und der SHSG der Hochschule St. Gallen (HSG) gegründet. Auch der VSH schien von Kommunikationsproblemen geplagt worden sein, zudem war eine Etablierung in der nationalen Politik schwierig: Diese wünschte sich eine einzige Studierendenvertretung. Am 24. Juli 2008 wurde der VSH wieder aufgelöst, worauf der VSETH und die AGEPoly wieder dem VSS beitraten. Weitere Austrittsbegehren wurden im VSETH seither abgelehnt (2012, 2019), die AGEPoly ist aber 2015 wieder ausgetreten.
Neben der Hochschulpolitik baut der VSETH mehr und mehr Freizeitangebote aus. Das Erstsemstrigenfest (ESF) wird jedes Jahr grösser, die Organisation des von 5000 Personen besuchten Festes wird von einem fast ganzjährigen OK und hunderten Helfern über die Bühne gebracht. Kommissionen wie die Challenge (eine Eventserie, die in einem Schneesportwochenende ihren Höhepunkt findet) organisieren eine Vielzahl von Events unter dem Semester, unterstützt durch die Infrastruktur, die Beziehungen und weitere Dienstleistungen, die der VSETH als Verband zur Verfügung stellen kann. Auch weiteren Vereinen mit studentischem und ehrenamtlichen Zweck wird durch Anerkennungen und Assoziierungen die Nutzung der Dienstleistungen subventioniert oder gratis ermöglicht. Der Spagat als hochschulpolitische Kraft, professioneller Veranstalter und Dienstleister ermöglicht es dem VSETH, der gesamten Studierendenschaft bekannt zu sein und ihre Interessen zu vertreten.
2005 schloss der VSETH den Zusammenarbeitsvertrag mit der ETH ab. Der VSETH wird als Dachverband der Studierenden der ETH bezeichnet, die ETH verpflichtet sich zu regelmässigem Dialog und stellt Infrastruktur bereit, damit der VSETH seine Aufgabe als Dachverband wahrnehmen kann. Durch diese institutionelle Einbindung werden Reibungsverluste vermindert und die Entwicklung und Implementierung von Ideen in die offizielle ETH-Politik kann im fruchtbaren und konstruktiven Dialog stattfinden. Die Ansichten der Studierenden werden durch die Organe der ETH ausdrücklich angefragt und die Mitwirkung in vielen Departements- oder schulweiten Gremien ist statutarisch festgehalten.
Die Möglichkeiten der Einflussnahme des VSETH auf die Politik der ETH sind weitaus grösser als diejenigen von Studentenvertretungen an den meisten anderen europäischen Hochschulen. Die durch diesen Meinungsaustausch entstehenden Vorteile – in einer Zeit des sich intensivierenden und globalisierenden Wettbewerbs zwischen den Hochschulen – kommen Studierenden und Schulleitung gleichermassen zugute. Der VSETH und seine Fachvereine sind ideale Ansprechpartner für Studierende bei Verbesserungsvorschlägen oder Problemen struktureller und organisatorischer Art im Hochschulbereich.
Ereignisse vor 2010 sind aus dem Buch «Was Studenten bewegt: 150 Jahre Verband der Studierenden an der ETH. Simone Desiderato, Daniel Kauz, Urs Lengwiler. 2012 hier+jetzt. ISBN 3039192507.» zusammengefasst. Dieses kann im Sekretariat bezogen werden.