Fokusgruppen

Die “AG Fokusgruppen” ist eine Arbeitsgruppe des VSETH, die die Durchführung von so genannten Fokusgruppen koordiniert und fördert. Dabei handelt es sich um ein spezielles Format von Übungsstunden für Studierende, die mit wenig Vorwissen an der ETH starten.

Die Idee

Übungsstunden sollen die Studierenden dabei unterstützen, den Vorlesungsstoff zu verstehen, an Problemstellungen zu arbeiten und Prüfungen erfolgreich zu bestehen. Studierende haben aber einen unterschiedlichen Hintergrund und unterschiedliche Vorkenntnisse und schätzen zudem ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten unterschiedlich ein. Diese Unterschiede können dazu führen, dass sich Studierende nicht trauen, in den Übungsstunden Fragen zu stellen. Solche frühen negativen Erfahrungen können die Selbstwahrnehmung und das Zugehörigkeitsgefühl der Studierenden beeinträchtigen und die Motivation und Leistung, die Abbruchsquote und die Bindung an die ETH nachhaltig beeinflussen. Zahlreiche Studien legen nahe, dass unterrepräsentierte Gruppen (z.B. Frauen, Studierende der ersten Generation) davon besonders betroffen sind. Andererseits haben es die Übungsgruppenleitenden mit einer sehr heterogenen Gruppe von Studierenden zu tun und können nicht auf alle Bedürfnisse eingehen.

Fokusgruppen bieten eine Lösung für Studierende mit geringen Vorkenntnissen (basierend auf einer Selbsteinschätzung). Die Übungsstundenleitenden in den Fokusgruppen verwenden mehr Zeit auf die wesentlichen Grundlagen als in herkömmlichen Gruppen. Dies wird den Studierenden mitgeteilt, bevor sie sich für die Übungsstunden anmelden. Die Dozierenden können die Fokusgruppen leicht in die bestehenden Strukturen integrieren. Sie benötigen keine zusätzlichen Übungsstundenleitenden oder andere Ressourcen.

Nachstehend finden Sie die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen für die folgenden Interessengruppen:

Danach findest du eine kleine Auflistung von Meilensteilen, die die AG Fokusgruppen bisher erreicht hat.

Am Ende dieser Seite werden schliesslich kontinuierlich Zahlen und Statistiken aus den Evaluationen des Pojektes angefügt. Siehe dafür ‘Einige Zahlen‘.


Für Studierende

Sollte ich mich für eine Fokusgruppe anmelden?

Ob Du Dich in eine Fokusgruppe einschreiben solltest oder nicht, hängt ganz von Dir ab. Wenn Du Dich wohl dabei fühlst, Deine Fragen in einer regulären Übungsstunde zu stellen, und denkst, dass Deine bisherige Schulbildung Dich (mehr oder weniger) gut auf Deine Vorlesung vorbereitet hat, ist dieses Format nichts für Dich.

Wenn Du Dich hingegen unwohl oder “dumm” fühlst, wenn Du Deine Fragen stellst, oder wenn Du schlichtweg eine “nicht so wissenschaftliche” Vorbildung hast, dann könnte diese Art von Übungsstunde genau das Richtige für Dich sein, da Du hier von Studierenden mit einem ähnlichen Hintergrund und ähnlichen Problemen umgeben bist. Du kannst Dir also sicher sein, dass der Satz “Es gibt keine dummen Fragen” in Fokusgruppen die Realität ist, und Du wirst hier ermutigt, jede Frage zu stellen, egal wie einfach sie scheint.

Welche Kurse bieten Fokusgruppen an?

Die Anzahl und Auswahl der Kurse, die Fokusgruppen anbieten, ändert sich jedes Semester. Im Allgemeinen werden Fokusgruppen in den Vorlesungen der meisten Studiengänge im ersten Jahr in Mathematik, Physik, Informatik und Chemie angeboten.


Für Übungsgruppenleitende

Im weiteren werden Übungsstundenleitende TAs genannt. TA steht hierbei für Teaching Assistants.

Was ist für mich anders, wenn ich eine Fokusgruppe unterrichte?

Wenn Du eine Fokusgruppe unterrichtest, musst Du Dir bewusst sein, dass die Studierenden in Deiner Gruppe ihr eigenes Vorwissen als unterdurchschnittlich einstufen. Das bedeutet, dass Du keine Vorkenntnisse voraussetzen und die Lösungen zu den Aufgaben ausführlicher erklären solltest, ohne “offensichtliche” Teile auszulassen.

Abgesehen davon ist es wichtig zu betonen, dass die Studierenden in Fokusgruppen genauso intelligent sind wie alle anderen Studierenden. Glaube bitte nicht, dass du schwierige Konzepte mit diesen Studierenden nicht besprechen kannst / solltest. Sorge statdessen einfach dafür, dass Deine Studierenden sich wohl fühlen, wenn sie Fragen stellen und ihre Verwirrungen äussern.

Ein Vorteil, den Du beim Unterrichten einer Fokusgruppe haben könntest, ist das Wissen, dass alle Deine Studierenden auf demselben Niveau sind. Niemand langweilt sich, wenn Du etwas ausführlicher erklärst.

Wir bieten zu Beginn jedes Semesters einen TA-Workshop für Fokusgruppen-TAs an, in dem Du lernen kannst, wie Du ein Lernumfeld schaffst, in dem sich die Studierenden der Fokusgruppen wohl fühlen, wenn sie ihre Fragen stellen, und in dem du mit anderen TAs besprechen kannst, was die schwierigsten Teile Deines Kurses sind. So könnt ihr gemeinsam nach Wegen suchen, um diese so verständlich wie möglich zu vermitteln. Der Workshop dauert nur 90 Minuten und ist die perfekte Gelegenheit, um alle Deine Fragen zu Fokusgruppen zu stellen.

Gibt es besondere Anforderungen?

Es gibt keine besonderen Anforderungen. Wenn Du selbst jemals das Gefühl hattest, nicht so schlau zu sein wie die anderen im Raum, oder wenn Du jemals das Gefühl hattest, dass Dir Wissen fehlt, das man in einem Kurs an der ETH einfach voraussetzt, dann bist Du perfekt qualifiziert, eine Fokusgruppe zu unterrichten.

Natürlich gibt es einige Tipps und Tricks, wie man eine Fokusgruppe unterrichtet, insbesondere zum Thema “Wie fördere ich ein Lernumfeld, in dem sich alle meine Studierenden trauen, ihre Fragen zu stellen”. Diese werden wir mit Dir in einem Workshop zu Beginn des Semesters teilen, wenn Du Dich für die Leitung einer Fokusgruppe anmeldest.

Ist der TA-Workshop obligatorisch?

Nein, ist er nicht.

Wir empfehlen Dir, vorbeizukommen, denn er dauert nur 90 Minuten und wurde von früheren Fokusgruppen-TAs als nützlich empfunden. Wir zeigen Dir, wie Du ein Lernumfeld schaffen kannst, in dem sich alle Studierenden wohlfühlen, wenn sie ihre Fragen live im Unterricht stellen. Der Workshop wurde in Zusammenarbeit mit MeWell, der Gemeinschaft für psychisches Wohlbefinden, entwickelt. Er wird Dir auch Zeit geben, darüber nachzudenken, welche Themen in Deinem Kurs besonders schwierig für Fokusgruppen-Studierende sind, und mit anderen TAs aus ähnlichen Kursen zu diskutieren, wie ihr diese Themen so verständlich wie möglich vermitteln könnt.

Der Workshop ist auch deshalb nützlich, weil wir einige Tipps und Tricks von früheren Fokusgruppen-TAs geben, die Dir auf Deinem Weg helfen könnten.

Solltest Du jedoch aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht am Workshop teilnehmen können, zögere nicht, Dich an klara.sasse[at]vseth.ethz.ch zu wenden, und wir werden Dir die Informationen auf die eine oder andere Weise zukommen lassen.


Für Dozierende

Inwiefern muss ich meinen Übungsbetrieb anpassen?

Überhaupt nicht.

Die Fokusgruppen finden im Rahmen der regulären Übungsstunden statt. Das bedeutet, dass die Fokusgruppenstudierenden dieselben Übungsserien lösen werden, Sie können davon ausgehen, dass die Fokusgruppen dem Tempo der Vorlesung folgen, und es ist nicht nötig, irgendetwas am Anmeldeverfahren zu ändern, ausser der expliziten Markierung der Fokusgruppen.

Brauche ich zusätzliche Übungsgruppenleitende?

Nein.

Die TAs für die Fokusgruppen werden aus den von Ihnen ausgewählten (Hilfs-)assistierenden rekrutiert. Sie oder wir senden dann eine E-Mail an alle Ihre Übungsgruppenleitenden, in der wir sie darüber informieren, was Fokusgruppen sind.

Sobald wir die Namen der Freiwilligen haben, übernehmen wir vom Fokusgruppenteam zusammen mit den TAs den Rest der Organisation.

Was ist meine Rolle?

Was wir von Ihnen brauchen:

  • Zustimmung: Wir brauchen Ihre Zustimmung, um Fokusgruppen in Ihrer Vorlesung anzubieten
  • Namen der freiwilligen TAs: Wir können Ihnen eine E-Mail-Vorlage schicken, um alle Assistierenden über Fokusgruppen zu informieren und nach Freiwilligen zu fragen. (Natürlich können Sie auch Ihre eigene E-Mail verschicken). Sobald wir die Namen der TAs für die Fokusgruppen haben, übernehmen wir den Rest der Arbeit.
  • Information: Wir brauchen Sie, um die Studierenden darüber zu informieren, was Fokusgruppen sind, bevor die Anmeldung für die Übungsstunden geöffnet wird. Dies kann mündlich in der Vorlesung geschehen, wenn Sie den Aufbau der Übungsstunden erklären, oder per E-Mail im Voraus. Ausserdem sollten Sie die Fokusgruppen auf der Website kennzeichnen, auf der sich die Studierenden für die Übungsstunden einschreiben, damit sie eine fundierte Wahl treffen können.

Natürlich hilft Ihnen das Fokusgruppen-Team bei jedem Schritt und stellt alle notwendigen Materialien und Vorlagen zur Verfügung.

Was wird in diesem TA-Workshop besprochen?

Das Fokusgruppen-Team hat eine Zusammenarbeit mit der Community für psychisches Wohlbefinden MeWell vereinbart. Sie helfen uns bei der Durchführung eines Workshops, wo wir Massnahmen besprechen, die zu einem Lernumfeld führen, in dem sich alle Studierenden trauen, ihre Fragen zu stellen. Wir diskutieren, was manche Menschen daran hindert, dies zu tun.

Darüber hinaus haben die TAs die Möglichkeit, sich mit anderen TAs, die ähnliche Kurse unterrichten, darüber auszutauschen, welche Konzepte ihres Kurses für die Studierenden der Fokusgruppe besonders schwierig sind, und an Lösungen zu arbeiten, um die Konzepte so verständlich wie möglich zu vermitteln.


Meilensteine

Immer mehr Vorlesungen bieten Fokusgruppen an.

Unter den Meilensteinen der AG Fokusgruppen ist zuerst das stetige Wachstum des Projektes zu nennen. In jedem Herbstsemester bieten mehr Vorlesungen Fokusgruppen an und mehr Leute sind überzeugt von der Idee. So gab es im HS21 eine Fokusgruppe an einem Departement, im HS22 bereits 10 Fokusgruppen an 4 Departementen und im HS23 16 Fokusgruppen an eben diesen Departementen.

Das Chemiedepartement empfiehlt Fokusgruppen

Im FS23 wurde an einer Departementskonferenz des Departements Chemie über die Fokusgruppen gesprochen. Das Departement unterstützt die Fokusgruppen sehr und hat eine starke Empfehlung dafür ausgesprochen Fokusgruppen in einer Reihe an Basisjahrvorlesung fix zu etablieren. Diese Vorlesungen beinhalten sowohl Basisjahrvorlesungen am Departement selbst, sowie auch Servicevorlesungen in Chemie anderer Studiengänge.

Fokusgruppen werden mit bewährten Initiativen am Physikdepartement kombiniert

Im FS24 kam es zu diversen Gesprächen zwischen dem EPT Hub des Departements Physik, dem Lehrverantwortlichen des Departementes und der AG Fokusgruppen. Dabei wurde beschlossen die Initiative des ‘Übungsmarktes’ aus dem Departement Physik, die hier seit 2013 besteht, und die Idee der Fokusruppen zu kombinieren und Fokusgruppen im Übungsmarkt fest zu integrieren. Damit sollen beide Initiativen gemeinsam verwendet werden, um einen inklusiveren und lehrreicheren Übungsbetrieb zu gewährleisten.


Einige Zahlen

Pilotprojekt HS21

Im Herbstsemester 2021 fand ein Pilotversuch mit zwei Fokusgruppen in der Physik I-Vorlesung des ersten Studienjahres in Mathematik/Physik statt. Das Pilotprojekt war sehr erfolgreich: 79,6 % der Fokusgruppenteilnehmenden bestanden die Prüfung (im Vergleich zu 74,6 % in der gesamten Kohorte). Der Anteil der Frauen in den Fokusgruppen betrug 52,5 %.

Weitere Auswertungen zum ersten Pilot können in nachfolgendem Dokument nachgelesen werden:

Evaluation HS22

Im Herbstsemester 2022 wurde eine weitere Evaluation des Projektes mit 10 Vorlesungen aus insgesamt vier Departementen (Chemie, Informatik, Mathematik und Physik) durchgeführt. Der Abschlussbericht hierzu wurde noch nicht veröffentlicht. Die ersten Zahlen zeigen aber erneut, dass Fokusgruppen vorallem für Studierende mit nicht-mathematisch-physikalischer Hintergrundbildung von grossem Interesse sind.

Es wird ausserdem sichtbar, dass viele Studierende mit einem nicht-gymnasialen Bildungshintergrund die Fokusgruppen schätzen. So haben 17% der Studierenden in Fokusgruppen eine Passarelle gemacht, während dieser Prozentsatz in herkömmlichen Übungsgruppen bei nur 8% liegt.

Weitere Auswertungen, Erklärungen zur Methodik und zu den verwendeten Skalen werden mit dem Evaluationsbericht veröffentlicht werden. Ein kleines ‘Pre-View’ dazu, soll aber dieses abschliessende Bild liefern.

Grafische Illustration einiger Evaluationselemente, analysiert nach Übungsstundentyp und Erfolg der Studierenden im gewählten Format