Position 2024

Es war einmal im Januar 2024…

Der ETH-Rat hat über eine Verdreifachung der Studiengebühren für Bildungsausländer:innen an der ETH und EPFL nachgedacht. Als der VSETH davon erfuhr, setzten wir sofort alles daran, dies zu verhindern. Anfangs sah es nicht gut aus. Wir begannen daraufhin uns mit den Mitgliedern des ETH-Rats zu treffen um ihnen zu erklären warum eine solche Erhöhung unverkraftbar ist, haben mit den Studierenden der EPFL den Kontakt gesucht und uns in einem Brief an den Bundesrat gewandt.
Auch die Schulleitungen der ETH und EPFL haben mit uns gekämpft. Sie gaben reihenweise Medieninterviews und kritisierten laut, dass die Bundesgelder im ETH-Bereich fehlen und dass die Situation an den Hochschulen nicht mehr tragbar ist.

Wir haben gekämpft und wir haben gewonnen. Am 7. März 2024 entschied sich der ETH-Rat gegen eine Erhöhung der Studiengebühren für Bildungsausländer:innen.

Mehr Informationen darüber wie das passieren konnte findest du hier

Wenn du dich nun also fragst warum der VSETH auf seine eigenen Poster draufschreibt… Nein, das war kein Fehler. Wir haben im März mit dem Schlimmsten gerechnet und haben schon Poster, Flyer und alles was dazu gehört bestellt, um dem ETH-Rat die Hölle heiss zu machen, aber die haben wir ja dann nicht gebraucht.

Wie schön wäre doch diese Geschichte wenn sie hier vorbei wäre. Der ETH-Rat will die Studierenden zur Kasse bitten, wir wehren uns mit Händen und Füssen, gewinnen und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute glücklich mit den tiefen Studiengebühren.

Aber so war es leider nicht, denn der Bund war überhaupt nicht glücklich als sie hörten, dass der ETH-Rat sich gegen die Änderung ausgesprochen hat. Sie waren sogar so wütend, dass sie beschlossen die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Das ETH-Gesetz wird vom Bund erlassen. Darin kann der Bund die wichtigsten Regulierungen für den ETH-Bereich festlegen und damit auch über den Kopf des ETH-Rates hinweg etwas entscheiden. Darin sahen sie ihre Chance. Zwar kann der Bund keine genauen Gebühren festlegen, er kann aber ins ETH-Gesetz hinein schreiben, dass die Gebühren für Bildungsausländer:innen mindestens dem Dreifachen der Gebühren für Schweizer:innen und Bildungsinländer:innen entsprechen müssen. Das ist was jetzt gerade passiert.

Der Bund spielt also mit unseren Studiengebühren und setzt sich damit über den Beschluss des ETH-Rates, über den Wunsch der Hochschulen und vor allem über die Bedürfnisse von uns Studierenden hinweg.

Hintergrund – wer sind Bildungsausländer:innen?

Als Bildungsausländer:innen gelten alle Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die im Ausland wohnhaft waren, als sie ihren Hochschulzulassungsausweis erwarben.

Wie stehen wir dazu?

Die Studierendenverbände der ETH Zürich (VSETH) und der EPFL (AGEPoly) sowie der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) sprechen sich entschieden gegen diese Massnahme aus. Die Verdreifachung ist für Studierende, die sowieso schon zu den finanzschwächsten Gruppen der Gesellschaft gehören, nicht tragbar und arbeitet aktiv gegen den Grundsatz, dass Bildung für alle das sein soll.

Und was hat das jetzt mit Spielbällen der Politik zu tun?

Am 29. Mai 2024 veröffentlichte der Bundesrat einen Beschluss zum BFI (Bildung, Forschung und Innovation) Bereich für die Jahre 2025-2028. Dabei wird für diesen Bereich ein durchschnittliches Wachstum von 2,0% vorgesehen. Speziell für die ETH wäre das Wachstum 1,7%. Um jedoch eine erfolgreiche Entwicklung im Bereich Bildung, Forschung und Innovation zu gewährleisten, ist ein jährliches Wachstum zwischen 2,5% und 3,5% erforderlich. Dies liegt unter anderem an steigenden Kosten und dem Studierendenwachstum an der ETH ( Dieses liegt im Durchschnitt bei 3,5% in den letzten Jahren). Zusätzlich wird der Bundesbeitrag für 2025 an die ETH um 100 Millionen Franken reduziert.

Aufgrund dieser finanziellen Einschränkungen fehlen der ETH in den nächsten Jahren etwa 200 Millionen Franken im Budget. Um dieses Defizit auszugleichen, sollen die Studiengebühren erhöht werden.

Es wird also mit unseren Studiengebühren gespielt um ein finanzielles Loch auszugleichen, welches die fehlende Trägerfinanzierung des Bundes verursacht hat.

Ist das fair?

Ganz klar nein! 

Der VSETH ist der starken Überzeugung, dass Studierende nicht die fehlenden Mittel vom Bund kompensieren müssen und können. Ausserdem ergibt diese Erhöhung keinen tatsächlichen Mehrwert für das Budget der ETH, denn die  Steigerung der Einnahmen beträgt lediglich 16.3 Millionen Franken, was einer relativen Zunahme von nur 0,89% des Budgets entspricht. Wie wir auf diese Zahl gekommen sind, könnt ihr in unserem Positionspapier nachlesen. Hinzu kommen zusätzliche Ausgaben für vermehrte Sozialstipendien und administrative Arbeiten, die mit einer solchen Erhöhung einhergehen, die diese Zahl noch weiter verkleinern. 

Es erscheint daher plausibel zu hinterfragen, ob das Hauptziel der Studiengebührenerhöhung darin besteht, die finanziellen Probleme der ETH wirklich zu lösen oder lediglich ein Pflaster auf diese zu kleben welches uns nicht vor den grossen Qualitätseinbussen die wir heute schon erleben retten kann. Somit Zahlen wir mehr und bekommen dennoch immer weniger. Was fehlt ist die Trägerfinanzierung.

Welche Qualitätseinbussen mussten wir Studierenden schon wegstecken?
  • Überfüllte Hörsäle: Wegen fehlenden Geldern für grosse Infrastrukturprojekte sind unsere Hörsäle an ihrer Kapazitätsgrenze. Auch Übertragungshörsäle reichen oft nicht aus und Studierende müssen auf dem Boden sitzen oder können den Vorlesungen gar nicht folgen.
  • Betreuungsverhältnis: die Gruppengrössen für Projektarbeiten, Praktika aber auch gewöhnliche Lehrveranstaltungen werden immer grösser. Dies lässt weniger Raum für individuelle Betreuung und verschlechtert somit die Lehre.
  • Prüfungen: Da es zu wenige Leute gibt, die Prüfungen korrigieren können, bestehen diese aus zunehmend mehr Multiple-Choice-Fragen, die das gelernte weniger präzise abfragen können und keine Möglichkeit für gute Ansätze, und Ideen sowie Teilpunkte lassen.
  • Projektarbeit: Durch die Verschlechterung der Betreuungsverhältnisse wird es für Studierende immer schwieriger eine Betreuung für Semesterprojekte zu finden. Diese sind aber ein wichtiger Bestandteil vieler Curricula um das selbständige Arbeiten zu erlernen. Daher sind nicht-obligatorische Projektarbeiten häufig nur schwer oder gar nicht zu bekommen und einige Studiengänge mussten sogar obligatorische Arbeiten abschaffen, da sie nicht mehr betreut werden konnten. Ein Beispiel hierfür ist die Bachelorarbeit im Studiengang Mathematik.
  • Abschaffung Druckkontingent: Wegen der angespannten finanziellen Lage der ETH können Studierende in Zukunft nicht mehr gratis drucken am Campus. Es ist jedoch noch immer so, dass ausgedruckte Zusammenfassungen, Übungsblätter und Skripte für einige Vorlesungen unumgänglich sind.

Welche Argumente sprechen sonst dagegen?

Eine Erhöhung der Studiengebühren für Bildungsausländer:innen würde die Attraktivität der ETH Zürich für begabte Studierende aus dem Ausland mindern und damit die internationale Position der ETH schwächen. Ausserdem wird durch eine solche Erhöhung wird die finanzielle Lage der Studierenden stärker in den Vordergrund gerückt, wodurch die Chancengleichheit in der Bildung weiter eingeschränkt wird. Die reduzierte Aufnahme und Ausbildung von Talenten aus dem Ausland gefährdet den Innovationsstandort Schweiz und verstärkt den inländischen Fachkräftemangel, was letztlich die Schweizer Wirtschaft in Gefahr bringt.

Es ist wichtig zu erkennen, dass die vorgeschlagenen Änderungen nicht nur für den ETH-Bereich gefährlich sind. Der ETH-Bereich schafft über 100.000 Arbeitsplätze und trägt erheblich zur Wertschöpfung in der Schweiz bei. Schätzungen zufolge generiert jeder in den ETH-Bereich investierte Franken mehr als fünf Franken an Wertschöpfung für die Schweizer Wirtschaft. Dies zeigt, dass die ETH sich schon jetzt, mit gleichen Studiengebühren für alle Studierenden, finanziell für die Schweiz lohnt.

Eine Analyse der Zahlen zeigt, dass die vorgeschlagene Erhöhung der Studiengebühren keinen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtbudget unserer Hochschulen haben würde. Die Erhöhung würde lediglich zu Mehreinnahmen von rund 16.3 Millionen CHF führen. Bezogen auf das Gesamtbudget der ETH sind dies weniger als 1% Mehreinnahmen. Zudem sind die Studierenden eine vergleichsweise finanzschwache Gruppe der Gesellschaft, und es kann nicht erwartet werden, dass sie das grosse Loch im ETH-Budget füllen. Hinzu kommt dass Zürich zu den teuersten Städten der Welt gehört und die Lebenserhaltungskosten zusätzlich für Studierende in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind.

Hier einige Beispiele welche Kostenzunahmen es sonst noch gab
  • Miete: Die Anhebung des Referenzzinssatzes hat dafür gesorgt, dass ein Grossteil der Mieten in der Schweiz erhöht werden mussten. Da viele Studierende eigens für das Studium nach Zürich gezogen sind, betrifft sie diese Änderung stark.
  • Mensa: Zu Beginn dieses Semesters wurden in den ETH-Mensen die Preise angepasst. Neu zahlen Studierende für jede Mahlzeit zwischen Rp. 50 und CHF 1 mehr.
  • ÖV: Im Dezember 2023 mussten die ÖV Preise in der ganzen Schweiz angehoben werden. Hinzu kommt, dass verschiedene Angebote speziell für Studierende in den letzten Jahren eingestellt werden mussten wie beispielsweise das Studierenden-GA

Für uns steht fest, dass die finanziellen Engpässe im ETH-Bereich nicht auf fehlende Beiträge der Studierenden zurückzuführen sind, sondern auf ein fehlendes Wachstum der Bundesmittel. Anstatt die Studierenden für diese fehlende Finanzierung aufkommen zu lassen, ist es wichtig, dass der Bundesrat in der BFI-Botschaft das fehlende Wachstum der Mittel anerkennt.

Was fordern wir?

  • Keine Erhöhung der Studiengebühren im ETH-Bereich: Die aktuellen Gebührenstrukturen müssen beibehalten werden, um Chancengleichheit zu gewährleisten und die Attraktivität der ETH für internationale Talente zu erhalten.
  • Studierende sind kein Spielball der Politik: Politische Entscheidungen dürfen nicht auf Kosten der Bildungs- und Zukunftsperspektiven der Studierenden getroffen werden.
  • Finanzielle Unterstützung durch den Bund ausbauen: Der Bundesrat und das Parlament müssen die notwendigen Mittel bereitstellen, um die finanzielle Stabilität und das Wachstum des ETH-Bereichs langfristig zu sichern.

Was jetzt?

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